Rezension des Konzerts in Bremen Oktober 2018

 

Instrumente als Persönlichkeiten

Das canorusquintett bei den Freunden junger Musiker in Bremen

Von Ute Schalz-Laurenze

Das letzte Konzert bei den Freunden junger Musiker erinnerte an zwei heute vergessene Praktiken in der Musikgeschichte: einmal die unterhaltende Präsenz fürstlicher Tafel- und Repräsentationsmusiken und zum anderen die Praxis, sinfonische und Opernmusik für Bläser zu bearbeiten. Vom späten 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatten diese Bearbeitungen die Funktion, das Publikum über neue Musik zu informieren. Diese sogenannten „Harmonie Musiken“ waren äußerst beliebt und viele Komponisten stellten sie auch selbst her. So Wolfgang Amadeus Mozart, der allerdings auch schon mit seinen Serenaden und Divertimenti für Bläser klanglich experimentierte: der unbestrittene Höhepunkt ist seine „Gran Partita“ KV 361.

Nun spielte das Canorus Quintett zwar keine Originalbearbeitungen aus der Zeit, sondern neue, aber man wurde natürlich stark an diese Praxis erinnert. So gleich zu Anfang mit der Wiedergabe der Ouvertüre zu Rossinis „La Cenerentola“ für Flöte, Oboe, Klarinette,Fagott und Horn in der Bearbeitung von Guido Schäfer. Und es zeigte sich ganz wunderbar, wie sehr sowohl die Besetzung als auch die präzise Spielweise des 2009 gegründeten Quintettes zur spritzigen und verschmitzt frechen Musik des italienischen Meisters passte.

Maximilian Randlinger, Flöte, Leonie Dessauer, Oboe, Christoph Schneider, Klarinette, Hakan Isiklilar, Fagott und Friedrich Müller, Horn (der seit vergangenem Jahr bei den Bremer Philharmonikern ist) boten ein wahres Feuerwerk von Frische und sprudelnder Genauigkeit. Dabei faszinierte immer wieder, wie in folgenden Stücken auch, das souveräne Ineinandergreifen der Stimmen, ihre Individualität und gleichzeitig eine harmonisch wirkende Ausgeglichenheit, die auf den namen „Canorus“ (lateinisch für warm und klangreich) verweist. In der Bearbeitung von Antonín Dvoráks sinfonischer Dichtung „Die Mittagshexe“ war die gruselige Geschichte mit dem schreienden Kind (durch die grelle Oboe) und der totalen Verwirrung am Ende toll nachzuvollziehen.

Voller Energie dann das einzige Originalstück des Konzerts: die sechs Bagatellen für Bläserquintett von György Ligeti, die der Komponist 1953 als Vorstufe zu den zehn Stücken für Bläser schrieb: bestens arbeiteten die MusikerInnen die folkloristischen Anteile heraus und wussten immer wieder durch regelrecht krasse und witzige Explosionen mitzureißen. Auch hier gilt schon, was Ligeti später zu den zehn Stücken sagte: „Ich sah die Instrumente als fünf Persönlichkeiten an...“ .

Zum Höhepunkt des Konzertes konnte dank einer ungemein verständigen Interpretation – nämlich den unterhaltenden Serenaden-Charakter zu verlassen – die Wiedergabe der Serenade KV 388 von Wolfgang Amadeus Mozart werden, die im Original für zwei Klarinetten, zwei Oboen, zwei Fagotte und zwei Hörner geschrieben ist. Im zweiten Satz dominierten expressive Dissonanzen. Dem Canorusquintett ist zu wünschen, weiter zu arbeiten an und mit originalen Werken, von denen es ja doch eine Menge gibt. Sehr herzlicher und verdienter Beifall.

 

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